Liebe & Anarchie
Jan Kosyk
deu eng

Informatik hat nichts mit Programmieren zu tun

Letztens stolperte ich über eine Tweet, der darüber berichtete, dass die Bundesagentur für Arbeit 60 Mio. EUR in einem IT Projekt versenkt hat. Daraus folgte eine Diskussion, dass das Studium der Informatik in Deutschland unzulänglich sei. Da es sich in 140 Zeichen nicht so schön argumentiern lässt, möchte ich meine grundsätzlichen Gedanken hier noch einmal wiedergeben und auf die gefallenen Argumente eingehen.

Da sage noch mal einer, Kommunikation sei bei Informatik weniger wichtig als das Programmieren.

Das die Kommunikation in der Informatik ausgebaut werden kann, ist unstrittig. Viel zu sehr liegt der Fokus auf natur- und ingenieurswissenschaftlichen Themen, mehr geisteswissenschaftlicher Einfluss täte der Informatik gut. Jedoch geht es im Studium nicht ums Programmieren, es gibt in keinem mir bekannten Informatikstudium an einer Universität die Vorlesung „Programmierung“. Wohl werden meist fakultative Praktika dazu angeboten und es gibt Fächer zur Softwareentwicklung. Diese sind aber theoretisch und behandeln nicht das Erlernen einer Programmiersprache.

Die Kernkompetenz, Fachanforderungen richtig zu verstehen, wird kaum gelehrt.

Das Verständnis fremder Fachrichtungen wird tatsächlich in der Informatik nicht gelehrt – einfach weil es den Rahmen sprengen würde, da Nebenfächer in Jura, Medizin, Verwaltung, Wirtschaft etc. pp. notwendig wären. Deshalb gibt es auch so schöne Fächer wie Wirtschaftsinformatik – meist an Fachhochschulen angeboten – die die Brücke zwischen Wirtschaft und Informatik schlagen sollen.

Allerdings lässt sich der Vorwurf, Fachanforderungen nicht zu verstehen, auf die meisten Studiengänge anwenden. Es gibt Menschen, die fordern Informatik in jedes natur- und ingenieurswissenschaftliche Studium aufzunehmen.

Eine Uni sollte keine Absolventen hervorbringen, die am Bedarf vorbeigehen, immerhin bleiben die wenigsten in der Wissenschaft.

Als ich das las, zog es sich in mir zusammen. Als alter Hörsaalbesetzer und Protestierer gegen die Bolognareform haben Worte wie „Bedarf“ und „Universität“ einen sehr faden Beigeschmack. Ich verstehe, dass es Fachkräfte braucht, allerdings sollten diese nicht unter Bedarfszwang an Universitäten ausgebildet werden. Die deutsche Bildungslandschaft bietet seit Jahrzehnten eine Vielzahl Ausbildungsmöglichkeiten: Fachhochschulen, Berufsakademien, duales Studium und Berufsausbildungen. Alle diese Bildungswege sind praxisorientiert und bringen gute Entwicklerinnen und Entwickler hervor. Der Universität sollte ein wissenschaftlicher Anspruch bleiben auch mal ins Blaue hinein zu bilden, nicht zuletzt weil es das Grundgesetz in Artikel 5, Absatz 3 so will.

Man stelle sich vor, ein Medizinstudium an einer Uni befähige nicht zum Behandeln von Menschen, weil es dafür nicht gedacht ist.

Bei diesem Argument musste ich länger überlegen, bis es mir auffiel: Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen. Es ist richtig, dass ein Medizinstudium dazu befähigen muss, Menschen zu behandeln. Hier ist es aber auch genau das Ziel des Studiums und es gibt keine Alternativen an FHs, BAs oder gar als Ausbildung. Deshalb lässt sich das Informatikstudium eher mit einem Biologiestudium vergleichen. Eine Biologin weiß auch wie der menschliche Körper funktioniert – eine Herz-OP würde ich von ihr dennoch nicht durchführen lassen. Genausogut weiß eine Informatikerin, wie Anwendungen aufgebaut sind und entwickelt werden – theoretisch.

IT-ler sollen funktionierende Anwendungen entwickeln können.

Tja, ITler sind selten fertig ausgebildete Informatikerinnen und Informatiker. Für Software-Projekte, die danach funktionieren sollen, sind Uniabsolventinnen und -absolventen nicht die beste Wahl. Schauen wir uns die Softwareentwicklung in der Praxis an, stellen wir fest, dass es generell keine gute Idee ist, unerfahrene Programmiererinnen und Programmierer damit zu betrauen. Erfahrung in der Softwareentwicklung ist ein unschätzbares Gut und entscheidet über Erfolg und Misserfolg. Und mit der Erfahrung kommt auch die interdisplinäre und Fachkommunikation.

Kommentare

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

deu eng

concerts

Alina Dalsegno Trio

On a song tour: Down Where the Water Flows 4. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics No. 2 – Die Altstadtkneipe Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 5. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Stadtteiltreff Sellerhausen-Stünz Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 6. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Die Holzkirche Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 7. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Porzellan-Atelier Andreas Ehret Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 8. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics St. Petri-Kirche Rollsdorf Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 9. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Kirche Zuckelhausen Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 10. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Herrenhaus Rittergut Beucha Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 11. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Ebbies Haus am Berg Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 12. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Jagdhaus Kössern Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 13. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Kulturbahnhof Leisnig Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 14. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Stadtkirche Bad Schmiedeberg Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 15. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Kulturscheune Gassmühle Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 17. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Fürstenkeller Querfurt Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 18. Feb ʼ25 20:00 21:00 ics Café Marché 15 Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 19. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Alte Schlosserei Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 20. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Kulturhof Tröchtelborn Auf Liedertour: Down Where the Water Flows 21. Feb ʼ25 19:00 20:00 ics Ringelnatz Witzenhausen

Jan Kosyk

Ateliersession @ Neustadt Art Kollektiv 7. Mar ʼ25 20:00 21:30 ics Atelier des Neustadt Art Kollektiv


listen / watch

post / social

support


newsletter

Don't miss any blog post or concert and join my newsletter:

There is also a RSS feed, which works without any e-mail address.


listen in