Immer wieder erreichen mich Fragen zu Zoom und ob man es verwenden sollte. Die Antwort ist wie immer: Kommt darauf an. Ich möchte meine Erfahrungen kurz teilen und ein paar weitere Optionen aufzeigen. Da ich nicht alle möglichen Konferenzsysteme beleuchten kann, beschränke ich mich auf die, die niedrigschwellig zu erhalten sind. Grundsätzlich lässt sich festhalten: Videokonferenzen mit vielen Teilnehmenden stellen hohe Anforderungen an den Server wie auch an die Rechner der Teilnehmenden. Insofern sollte niemand erwarten mit einem 10 Jahre alten Laptop unter Windows XP Videokonferenzen abhalten zu können.
Zoom ist eine us-amerikanische Firma, die den Quellcode ihrer Software geheim hält. Niemand weiß, welche Daten sie erheben, wo diese landen und ob sie sich an die europäischen Datenschutz-Standards halten. Hinzu kommt, das Zoom durch Corona plötzlich überall verwendet wird. Das weckt die kriminelle Energie bei anderen.
Zoom hat allerdings einen Vorteil: Da eigene Programme für Windows, Linux und Mac angeboten werden, bietet es bei Konferenzen mit über 20 Leuten meiner Erfahrung nach die beste Performance, auch bei alten Rechnern und schwachen Leitungen. Allerdings sind Konferenzen nicht immer riesig, die Leitung nicht immer schwach; insofern lohnt sich der Blick auf die Alternativen.
Jitsi basiert auf XMPP/Jabber und wird als OpenSource-Software von verschiedenen Initiativen als Dienst angeboten. Aus Tests weiß ich, dass Konferenzen mit bis zu 8 Personen mit ausreichend gutem Internet möglich sind. “Ausreichend gut” meint: Auf dem Land kann es eng werden.
Es läuft in aktuellen Browsern (Chrome, Firefox, Safari), eine Registrierung ist nicht erforderlich. Einige Piratenverbände bieten diesen Dienst an:
Diese OpenSource-Software wird vor allem zum E-Learning angeboten und bietet deshalb eine etwas andere Handhabung als Zoom; der Fokus liegt nicht darauf, dass alle mit ihrer Webcam online sind. Nichtsdestotrotz sind je nach Server auch Videokonferenzen in Zoomgröße möglich. Für den Betrieb von BigBlueButton braucht es mehr Ressourcen als bei Jitsi, insofern gibt es hier nicht viele, die den Dienst frei anbieten. Die Piraten Sachsen haben eine Instanz aufgesetzt, die nach einer Bitte um Freischaltung uneingeschränkt genutzt werden kann. Für die Teilnahme an Konferenzen werden ein aktueller Browser (Chrome, Firefox, Safari) und eine halbwegs gute Internetleitung benötigt.
Inzwischen nutzen viele Firmen und Vereine Nextcloud für ihre Datensynchronisierung. Dort gibt es eine App namens Nextcloud Talk. Diese ermöglicht die Kommunikation der Nextcloud-Nutzenden untereinander, auch als Videokonferenz im aktuellen Webbrowser. Allerdings braucht man hierfür verdammt gutes Internet, da die Kommunikation nicht über einen Server läuft, sondern direkt zwischen den Teilnehmenden. Da kommt selbst eine DSL50-Leitung ins Schwitzen. Mehr als vier Menschen werden in Talk-Konferenzen selten zusammenkommen.
Die folgende Tabelle soll einen Überblick dafür geben, wofür welches Tool geeignet ist. Die Angaben sind absichtlich vage gehalten, da der Anwendungsfall und die Gegebenheiten wichtig sind. Grundsätzlich ist ein flotter Rechner mit einem aktuellen Browser die beste Vorraussetzung für angenehme Videokonferenzen.
Welche Lösung ihr am Ende nutzt, hängt von euren Bedürfnissen ab. Testet, was zu euch passt. Wenn ihr eine IT-Abteilung bei euch habt, fragt diese nach eigenen Jitsi- oder BigBlueButton-Instanzen. Dafür ist OpenSource schließlich da. So lange das nicht geht, nutzt freie Dienste aus Europa, von Initiativen mit klaren Datenschutzangaben. Bei beiden Optionen habt ihr eure Daten selbst in der Hand. Und wenn es doch mal nicht anders geht, gibt es immer noch Zoom.
Kommentare